Hoener - lost place - das verschollene Dorf

PfaffenwiesenGab es das Dorf Hoener? Am Westabhang des vorderen Hienerberges. Folgende Argumente deuten darauf hin.

 

 

Die Sage und die mündliche Überlieferung über Generationen hinweg veranlassten Josef Ederer, die in der Monumenta Boica genannte Ortschaft Hoener in der Gegend um die Pfaffenwiesen zu suchen, und danach sowohl in den Archiven als auch mit den modernen Methoden der Archäologie zu erforschen.

Die ersten Aktivitäten begannen mit dem Schreiben v. 13. 1. 1988 an den Luftbildarchäologen Herrn Otto Braasch, Länd 120 D-8300 Landshut. In seiner Antwort v. 23. 1. 1988 musste er eine Befliegung des Areals ablehnen, da es innerhalb der 5-Seemeilen (= 9,25 Kilometer) Zone bis zur Grenze lag. Zu diesem Zeitpunkt war an eine Grenzöffnung nicht zu denken, geschweige denn die Befliegung des Grenzgebietes. Die einzige Möglichkeit wäre gewesen, mit einem Hubschrauber des Bundesgrenzschutzes zu fliegen, was jedoch für Ederers Verhältnisse unbezahlbar war. H. Braasch informierte das Luftbildarchiv des BlfD H. Winfried Gerstner. 

Am Westabhange des Hienerberges.

Die heutige Schreibweise Hiener wird im Aufsatz des Prof. Dr. Manske teilweise mit dem Wort Hühner verglichen.

Zu dem Namen Hoener/Hiener liegen Herrn Dr. Wolfgang Janka Belege aus einigen Herzogsurbaren vor: [1301-1307] Ho/e/ner, [1308-1310] und [nach 1311] Ho/e/naern [über o ist e übergeschrieben; a und e sind miteinander verbunden (Ligatur)] (BayHStA Kurbayern Äußeres Archiv 4745, fol. 13v; ebd. 4744/4, fol. 238; ebd. 4744/2, fol. 152v), dann bis zu der Nennung von 1550 aus dem Historischen Atlas Bayern WÜM (S. 65) leider nichts mehr. Sprachlich kann der Ortsname auf (ein nicht belegtes, sondern nur erschließbares Wort) mittelhochdeutsch *hoehenaere (im Dativ Plural auf -en), eine Ableitung von mhd. hoehe 'Höhe, Anhöhe', zurückgeführt werden (ursprüngliche Bedeutung wäre 'bei den auf/an der Höhe siedelnden Leuten'). Es besteht kein Zusammenhang mit mhd. huon 'Huhn' (Plural hüener). Quelle: Dr. Wolfgang Janka, Universität Regensburg.

Aufgrund dieser Information ist somit die Hypothese von Prof. Dr. Manske, Hoener wäre im Gleissenberger Tal gelegen nicht haltbar.

Weitere Merkmale, die darauf hindeuten, dass sich Hoener in oder bei den Pfaffenwiesen suchen lässt sind:

In der Richtung vom Kolmberg bis Machtesberg Lengau befand sich eine bemerkenswerte, in dieser Höhenlage fortgeführte landwirtschaftliche Nutzung. Also Kolmberg, Habersdorf, Saugrubenfeld, die Streckwiese in der Flur Hagenberg, Bonholz Eschlmais, Kühnrieder Wiesen, Kleine Paffenwiesen, große Pfaffenwiesen, Rosshofer Ebene, oberer Roßhof der Gipfel bzw. die Hochfläche des Himmelberges = hinterer Hiener, Machtesberg, Lengau. Noch heute in den Waldungen sichtbar sind etliche Weiher, Ackerkanten, völlig steinfreie Huthweideflächen usw.

Vergleicht man hierzu die in der Westukraine gelegenen Waldkarpaten, in denen Deutsche vor ca. 250 Jahren ansiedelten und ebenfalls die Hochflächen durch Brand-Rodung landwirtschaftlich nutzbar machten, so ist eine entsprechende Ortschaft auch am Westhange des Hienerberges sehr wahrscheinlich.

 

All diese gerodeten Flächen sind noch in den alten Lageplänen (1831 bis ca. 1920) sowie in alten Plänen der Waldabteilungen deutlich ersichtlich. Siehe dazu die farblich abgedruckten Karten, die aus Privatbesitz stammen und zur Verfügung gestellt wurden. Interessant ist auch die historische Karte von Hauptmann Hermann von Schintling und Oberlieutenant G.v.Tein 1851 als Terainnaufnahme zeigt hier im Ausschnitt das ehemalige Gemeindegebiet Katzbach.

Das heißt, dass in diesem relativ ebenen Gelände Wiesen und Felder bebaut und bewirtschaftet wurden.

Auch die Namen der entsprechenden Waldabteilungen deuten darauf hin, dass hier die heute bewaldeten Flächen gerodet und bewirtschaftet wurden. So. z. B. Brand und Butterbrand bzw. Bonholz (Bannholz) und Eschlmais, (meiz aus dem mittelhochdeutschen bedeutet soviel wie Holzschlag) diese Namen haben alle mit der Rodung der Wälder zu tun. Genausogut könnte es jedoch auch damit zu tun haben, dass die Namen Brand oder Butterbrand dadurch entstanden sind, dass die Siedlung, heutige Orts- und Flurwüstung Hoener durch eine Feuersbrunst vernichtet worden ist. Man bedenke hierzu, dass seinerzeit die Häuser oftmals ausschließlich aus dem Rohstoff Holz gebaut waren.

Wenn man in der Gegend zwischen oberem Rosshof und Bonholz aufmerksam durch die entsprechenden, jetzt bewaldeten Flächen streift, fällt auch dem ungeübten Blick auf, dass auf weiter Strecke (ca. 100 Hektar) keinerlei große Felsen oder Steine sichtbar sind, sondern wirklich weite Flächen, die offensichtlich für die landwirtschaftliche Nutzung gedacht waren.

Beachtet man die Grundstücks- bzw. Flurgrenzen, fällt auf, dass mit „Steinmauern“ die Flächen, die Vieh- bzw. Holzdrift begrenzt waren und auch heute noch teilweise sind.

Ein weiteres Indiz für das Vorhandensein einer Siedlung in diesem Bereich sind die Wasserquellen, die hier zu finden sind, allerdings gibt es bis heute keinerlei Hinweise auf Brunnenbauwerke. Möglicherweise wurden sie durch die Wiederaufforstung zerstört oder zumindest oberflächlich unsichtbar.

Die alten Leute erzählen von einer steinernen Kirche, die hier einmal gestanden haben soll. Noch heute gibt es in der Rosshofer Ebene eine Felsformation, die als Steinkirche (Stoakircha) bezeichnet und von Kletterern zum Bouldern genutzt wird. Zu dieser Kirchensage gesellt sich schlüssig die Überlieferung, dass in Katzbach im Fischerhaus, Haus Nr. 11 der Geiganter Pfarrhof war. Jetzt im Jahre 2013 gehört immer noch ein Teil der Pfaffenwiesen zu diesem Anwesen. Oder gehen die Flurnamen Stoakirche in Verbindung mit dem Namen Paffenwiesen in eine noch ältere Vergangenheit zurück, die mit schriftlichen Quellen noch weniger belegbar ist? 

Wiederum muss gesagt werden, dass es keinerlei gesicherten Erkenntnisse aus Sicht des bischöflichen Zentralarchivs in Regensburg über so eine Kirche oder Kapelle gibt.

Betrachtet man die Entfernung von Kühnried zum Rosshof, und dazu die jetzigen und damaligen Verbindungswege, ist das ein weiteres Indiz dafür, dass dazwischen Hoener gelegen haben könnte. Aus damaliger Sicht und bis in die 50er Jahre des 20. Jahrhunderts wurden die Transporte ja ausschließlich mit Ochsen- Kuh- oder Pferdefuhrwerken bewerkstelligt. Bedenkt man, welches Gewicht beispielsweise eine Düngerfuhre (Mistfuhre) hatte, kann man sich vorstellen, dass die Tiere, möglichst flache statt steil ansteigende Wege bevorzugen mussten.

Prof. Manske in den Pfaffenwiesen

Prof. Dr. Dietrich Manske führte am 24. 10. 2008 eine erste Begehung des Geländes durch. Er konnte feststellen, dass es möglicherweise 3 Hinweise auf ehemalige Hofstellen gibt. Eine weitere Erforschung durch sachkundige Archäologen wurde eingeleitet. Agnes und Konrad Bücherl sowie Alois Decker aus Kühnried haben im Vorfeld das entsprechende Terrain mit Josef Ederer erkundet, ihnen sei an dieser Stelle herzlich gedankt.   

Prof. Manske am 24. 10. 2008 in den Pfaffenwiesen

Nach wie vor gibt es in der Gleißenberger Flur keine wissenschaftlich gesicherten Hinweise auf diese sagenumwobene Siedlung Hoener.  

Der vollständige Aufsatz des Prof. Dr. Dietrich Manske zum Nachschlagen. Für den interessierten Leser sind die Passagen unterstrichen, die direkt mit dem Ort Hoener in näherem Zusammenhang stehen.

Wegen des besseren Verständnisses wurde der ungekürzte Aufsatz abgedruckt. Weitere Informationen zu diesem Thema können im Privatarchiv von Josef Ederer Katzbach 33 auf Nachfrage eingesehen werden.

Im Frühjahr 2010 wurde per Airborne Laserscanning das Gelände rund um die Pfaffenwiesen und im Hochholz aufgenommen und gespeichert.

Die Airborne Laserscanning Aufnahme aus dem Frühjahr 2010

Dr. des. Ralf Obst und Herr Dipl.-Ing. Kerscher waren am 30. 3. 2010 ebenfalls vor Ort, um die Verdachtsflächen zu besichtigen.

Dr. Ralf Obst, Dipl. Ing. Kerscher und Josef Ederer bei der Vermessung
Ein auf den ersten Blick nichtssagender Steinhaufen, der möglicherweise ein Gebäudefundament darstellt.

Im Rahmen des Projektes Ehrenamt Archäologie wurden durch Josef Ederer im Frühling 2011 die markanten Sachen vor Ort per GPS vermessen und die Ergebnisse dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege zur Verfügung gestellt. Im oben beschriebenen Gelände sind ca. 500 Lesesteinhaufen auffällig. Am 17. 5. 2013 wurde durch den Archäologen Dr. Obst festgestellt, dass von den vermessenen "Steinhaufen" mindestens 10 darauf hindeuten, dass es sich um abgegangene Hofstellen handelt. Es ist davon auszugehen, dass weitere Hofstellen vorhanden sind, die jedoch im nicht begehbaren Unterholz verborgen sind.

Im Bayernatlas kann man sämtliche Denkmäler der ehemaligen Gemeinde Katzbach aufrufen und besichtigen. Im Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege ist das Objekt Hoener als Bodendenkmal unter dem Aktenzeichen D-3-6642-0075 geführt.

Airborne Laserscanning Aufzeichnung, oben im Bild der Kathlfelsen, links daneben der sogenannte Wendelstein, unten rechts im Bild die Kapelle in Eschlmais (Beleuchtung von Osten)
Airborne Laserscanning Aufzeichnung, oben im Bild der Kathlfelsen, links daneben der sogenannte Wendelstein, unten rechts im Bild die Kapelle in Eschlmais (Beleuchtung von Westen)
 
Die "Löcher" in den Airborne Laserscanns deuten laut Auskunft der Archäologen Dr. Obst und Dr. Rasshofer auf sogenannte Pingen hin. Es handelt sich hierbei um trichterförmige Vertiefungen, die durch Bergbautätigkeiten entstanden sind. Ob diese nun aus prähistorischer Zeit oder aus der Zeit des ausgehenden Mittelalters entstanden sind, wäre ein neues Forschungsprojekt.
 
Ausschnitt aus dem historischen Lageplan aus dem Jahr 1831 mit den roten Punkten, die die eingemessenen Steinhaufen kennzeichnen.
die roten Punkte sind die Stellen, die als Hofstelle verdächtig waren.
die schwarzen Punkte stellen die Steinhaufen dar, die per GPS eingemessen wurden.

Oberlehrer Stadlbauer aus Waldmünchen schreibt in: Geschichte des Landkreises Waldmünchen in der Ortsgeschichte von Geigant, Seite 11 bis 13 unter anderem:

Im Frühjahr 1428 unternahm eine Horde von 700 Hussiten einen erneuten Einfall in die Oberpfalz. Dabei kamen sie wieder nach Schönthal. In der Fronleichnamsoktav überströmte das Heer der Hussiten brennend und raubend die ganze Gegend und richtete überall verheerende Zerstörungen an. Es ist anzunehmen, dass auch Geigant davon betroffen wurde und die Ortschaft Hoener (unweit des heutigen Rosshof, der Berg Hiener oder Höhner erinnert noch daran) dem Erdboden gleichgemacht wurde. Die Ortschaft, die 1283 im Salbuch des Viztums Straubing noch aufgeführt wurde, wird in späteren Urkunden nicht mehr genannt.
Quellen Stadlbauers: Klosterbücher von Schönthal (Provinzialbibliothek zu Amberg), Staatsarchiv in Amberg, Landesarchiv in München.

Bemerkung: Dass eine Ortschaft von 1283 bis 1428, also insgesamt 145 Jahre überhaupt nicht mehr urkundlich auftaucht, ist äußerst unwahrscheinlich, somit auch die Annahme von Stadlbauer, dass Hoener 1428 durch die Hussiten zerstört wurde.

© by Josef Ederer Katzbach 33 Febr. 2011

 

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