Volkskunst in der Katzbacher Rossbauern Kapelle
Die Rossbauern-Kapelle in Katzbach ist den Älteren unter uns noch bekannt als Treffpunkt zu den alljährlichen Maiandachten in den 60er Jahren des vorigen Jahrhunderts. Wir Kinder des Dorfes und dazu meistens unsere Großeltern beteten hier zur „Dorfener Madonna“, die in der denkmalgeschützten Kapelle seit Jahrhunderten zum Verweilen einlädt. Inzwischen ist man aber u. a. wegen des sehr hohen Verkehrsaufkommens davon abgekommen, an dieser Stelle Maiandachten abzuhalten.
Die Kapelle am nördlichen Ortsrand, die bereits im Jahr 1737 urkundlich erwähnt wurde, ist gemeinsam mit dem ehemaligen Lindenbaum eines der Katzbacher Wahrzeichen und war ursprünglich nur ein kleiner Bildstock. Der Lindenbaum ist eingegangen, heute ziert die Kapelle ein junger Ahornbaum. Zutage kam der ehemalige Bildstock, als der verstorbene Hofinhaber Josef Ederer mit seiner Ehefrau Elisabeth die Kapelle mit viel Liebe und Aufwand restauriert haben. Das Kleinod ist u. a. im Wappen der örtlichen Sportgemeinschaft und der Feuerwehr verewigt.
Bei einem Treffen in der Adventszeit 2022 zwischen dem jetzigen Bauer ebenfalls Josef Ederer und seiner Gattin Sieglinde sowie dem gleichnamigen Kreisheimatpfleger stellte sich heraus, dass zwei „Altartafeln“ in einem wenig genutzten Nebenraum des Bauernhofes verborgen waren. Seit ungefähr 1965 galten diese als verschollen. Herr Hans Wrba, Kreiseimatpfleger und herausragender Kenner lokaler Sakralkunst inspizierte die beiden Tafeln als den gekreuzigten Christus und als den Heiligen Erzengel Michael, dem Satansbezwinger. Michael war früher der Schutzpatron des Frankenreiches und jetzt Deutschlands.
Laut Auskunft der studierten Kunsthistorikerin Frau Carola Rieger könnte es sich hier um sogenannte Altartafeln gehandelt haben, die möglicherweise aus einem anderen Gotteshaus stammen. In der Phase der Säkularisation bzw. Mediatisierung, also zwischen 1799 bis 1821 wurden die zwei Kunstwerke wahrscheinlich von den damaligen Hofbesitzern Andree und/oder dessen Nachfolger Adam Ederer käuflich erworben. Genauso gut könnte es aber auch sein, dass sie die beiden Tafeln seinerzeit malen haben lassen.
Woher genau die auf Holz aufgebrachten Gemälde stammen, kann leider nicht mehr nachvollzogen werden. Die Vermutung liegt nahe, dass sie bereits vor 1799 angefertigt worden sind. Es handelt sich nicht um künstlerisch wertvolle Malereien, sondern um wirklich einfache Volkskunst, wie sie zur damaligen Zeit oftmals in kleinen Kirchen Verwendung fand. Das zeigt sich besonders am St. Michael, dessen Kopf überdimensioniert, und ohne Hals einfach auf den Korpus aufgesetzt erscheint. Gut zu erkennen ist seine Römische Rüstung bzw. römische Kleidung. siehe Foto unten
Die rechte Hand des Erzengels die den Speer hält, um Satan zu töten, ist nach oben gestreckt, und es fehlt ab dem Knie scheinbar das linke Bein und der dazugehörige Fuß. Der geflügelte und bereits gestrauchelte Teufel ist ebenfalls noch gut erhalten. In der linken Hand hält der Erzengel den Schild mit der Aufschrift QIS UT DEUS (eigentlich Quis ut Deus) das bedeutet „Wer ist wie Gott?“ Durch das hohe Alter der Holzbretter sind Schäden im unteren Bereich sichtbar, die zwar noch den drachenartigen Satan zeigen aber das Höllenfeuer ansatzweise nur noch vermuten lassen. Der Farbauftrag ist in diesem Bereich fast nicht mehr vorhanden. Der rechte ca. 2 cm breite Rand dieser Holztafel ist ebenfalls nicht mehr existent, vermutlich irgendwann im Laufe der Zeit weggebrochen.
Der Gekreuzigte ist mit zwei weißen Engeln flankiert, die beide einen Kelch in der Hand halten, um damit das Blut Christi aufzufangen. Unter dem Kreuz sind deutlich die armen Seelen im Fegfeuer zu erkennen, die farblich noch gut zu erkennen sind. Siehe Foto unten.
Andreas Wrba, seines Zeichens Kirchenmalermeister aus Gutmaning bei Cham, der Bruder des o. g. Kreisheimatpflegers ist fest davon überzeugt, dass die beiden Kunstwerke erhaltens- wenn nicht restaurationswürdig wären.
Ursprünglich und bis in die 60-er Jahre standen die beiden Altartafeln die ca. 34 cm breit und ca. 106 cm hoch sind mit der Madonnenfigur als Gesamt-Ensemble links und rechts neben dem Gnadenbild. Siehe Foto unten.
Bei der Neugestaltung der Kapelle wurden beide Tafeln eingelagert und sind dann schlichtweg in Vergessenheit geraten bis sie in der Weihnachtszeit vorigen Jahres zufällig wieder entdeckt wurden.
Die Familie Ederer hat berechtigte Angst, dass die beiden Tafeln gestohlen werden könnten, wenn sie wieder wie früher öffentlich in der Kapelle präsentiert würden. Denn am 18. 2. 1963 wurde die geschnitzte Madonnenfigur (Die Dorfnerin) geklaut und leider dabei sehr schwer beschädigt. Wie durch ein Wunder ist sie nach langen 8 Jahren in der Normandie in Frankreich wieder aufgetaucht und in restauriertem Zustande seitdem an ihrem angestammten Platz in der Bildnis Nische der Familienkapelle.
In diesem Zusammenhang ist bemerkenswert, dass im Abstand von nicht mal einem Kilometer zwei gleiche geschnitzte Madonnenfiguren existieren, die eine in Katzbach, die andere auf dem Kuglhof bei Obernried. Beide sind eine äußerst große Seltenheit, es sind weltweit insgesamt nur drei geschnitzte Statuen dieser Art bekannt. Ansonsten gibt es diese Madonnen aus Maria Dorfen fast ausschließlich nur als auf Blech gemalte Wallfahrermedaillen (Zwitterpfennige).
Die Dissertation aus dem Jahre 1981 von Dr. Albrecht A. Gribl beweist, dass die Schnitzereien sowohl in Katzbach als auch am Kuglhof mit sogenannten Mehrfachwallfahrten im 18. Jahrhundert in unsere Gegend kamen.
Die heutige Besitzerfamilie hat vernünftigerweise entschieden, dass die Altartafeln im eigenen Wohnhaus temperatur- und feuchtigkeitsgerecht eingelagert und so weiterhin der Nachwelt und der Familie erhalten bleiben sollen. Damit leistet Sie einen wertvollen Beitrag für die Heimatpflege, altes Kunsthandwerk für künftige Generationen in Katzbach zu erhalten.
Siehe dazu die Katzbacher Kapelle beim Roßbauer (Ederer Josef) und die Dorfener Madonna in der Roßbauernkapelle
© by Josef Ederer, Katzbach 33, 93449 Geigant im Nov. 2023